Wie viel Accounting Compliance steckt in Ihrem Unternehmen?

Alexandra Supper, Up to Trends, | 6 min. Lesezeit

© gettyimages/N Farnon

Compliance. Schon wieder so ein Anglizismus. Gibt es dafür denn kein deutsches Wort? Doch, gibt es – sehr viele sogar. Denn anders als der Begriff „Meeting“, der sich mit „Besprechung“ durchaus in gepflegtes Deutsch übersetzen lässt, hat „Compliance“ im Deutschen keine so umfassend passende Entsprechung. Compliance kann vieles bedeuten. Zum Beispiel:

  • Zustimmung
  • Ordnungsmäßigkeit
  • Folgsamkeit
  • Erfüllung
  • Federung

Damit wird auch klar, warum der Begriff in so vielen Facetten auftaucht, die inhaltlich nicht viel miteinander zu tun haben.

Der Begriff der Accounting Compliance umfasst im weitesten Sinne sämtliche Pflichten der Unternehmen in Bezug auf die Buchführung und Berichterstattung. Compliance-Maßnahmen haben somit zum Ziel, durch geeignete Methoden, Prozesse und Kontrollen in Unternehmen das Risiko von Verstößen zu minimieren.

Hierzu gehören beispielsweise ein passendes Risikomanagementsystem, eingebettet in eine Compliance-fördernde Organisationsstruktur, die entsprechende Ausbildung und Vernetzung der Mitarbeiter bis hin zum gelebten Leitbild über ethisches Handeln im Unternehmen.

Zu den Anfängen von Accounting Compliance

Die Anfänge der Accounting Compliance kann man bis in biblische Zeiten zurückverfolgen. Schon damals wurden Steuern vom „Einkommen“ erhoben, die eine irgendwie geartete Ermittlung desselben voraussetzten. Auch zu Zeiten Karls des Großen im 8. Jahrhundert nach Christus musste der Kaufmann bereits einen Jahresabschlussbericht mit Vermögensaufstellung abliefern.

Für den gab es sogar bereits Musterformulare! Die Methode der doppelten Buchführung wurde trotzdem erst 1494 von dem venezianischen Mönch Luca Pacioli – unserem Namenspatron – ausführlich beschrieben.

Wie Unternehmenskultur Compliance fördern kann

Wer mit Kindern zu tun hat – oder sich noch an die eigene Kindheit erinnern kann – weiß: Regeln werden normalerweise dann eingehalten,

  • wenn sie klar und nachvollziehbar sind.
  • wenn ihre Nichteinhaltung negative Konsequenzen hat.

Trotzdem bleibt alle Erziehung fruchtlos, wenn Eltern nicht selbst mit gutem Beispiel vorangehen. Das lässt sich auch auf die Regeln zur Bilanzierung und Offenlegung übertragen. Wenn die Bilanzierung so komplex wird, dass sie bis auf wenige Finanzgurus im Unternehmen niemand versteht, und der Betrieb durch Anreize gute Zahlen um jeden Preis belohnt, sind Verstößen Tür und Tor geöffnet.

Der richtige „Tone at the top“ hingegen unterstützt entscheidend die Wahrung der Compliance in allen Unternehmensbereichen. Gemeint ist damit eine Unternehmenskultur, die Transparenz, Ehrlichkeit und ethische Entscheidungsmaßstäbe hochhält. In den bekannt gewordenen Fällen über Bilanzbetrug haperte es immer an diesen Punkten.

Accounting Compliance: Welche Regeln muss man kennen?

In Deutschland regeln insbesondere die gesetzlichen Vorschriften des Handelsgesetzbuchs (HGB) und des Aktiengesetzes (AktG) sowie die EU-Verordnungen für IFRS die Bilanzierung und Offenlegung. Daneben gibt es noch das Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich (KonTraG) und die Mindestanforderungen der deutschen Finanzmarktaufsicht, besser bekannt zum Beispiel als MaRisk (für Kreditinstitute).

Das KonTraG trat bereits vor 30 Jahren in Kraft und konkretisiert vor allem Vorschriften des HGB und AktG. Es schreibt für Unternehmen ein Risikofrüherkennungssystem vor sowie die Darstellung von Risiken und Risikostruktur im Lagebericht des Unternehmens und erweitert die Haftung von Vorstand, Aufsichtsrat und Wirtschaftsprüfern.

Accounting Compliance weltweit im Bewusstsein durch den Sarbanes-Oxley Act

Die Skandale um Enron und Worldcom haben maßgeblich zur Verabschiedung des Sarbanes-Oxley Acts (SOX) durch den US-Kongress im Jahr 2002 geführt. Es gilt für alle Unternehmen, die den US Kapitalmarkt in Anspruch nehmen. Durch wesentlich verschärfte Offenlegungspflichten soll das Gesetz Investoren und Gläubiger vor betrügerischen Bilanzierungspraktiken schützen. Seither muss die Geschäftsführung

  • bestätigen, dass die veröffentlichten Finanzzahlen korrekt sind.
  • sicherstellen, dass ein adäquates internes Kontrollsystem im Unternehmen nicht nur existiert, sondern auch funktioniert.

Daneben enthält das Gesetz weitere umfangreiche Regelungen beispielsweise zu Dokumentations- und Aufbewahrungspflichten. Aber die Regelungen reichen auch bis hin zu den strafrechtlichen Konsequenzen, die auf Bilanzbetrug oder ähnliche Verstöße stehen. Die Zunft der Wirtschaftsprüfer hat mit dem Public Company Accounting Oversight Board (PCAOB) erstmals offiziell eine Aufsicht in den USA.

Die Regierungen vieler Länder sind dem Beispiel der USA gefolgt und haben ähnliche Gesetze erlassen. Spätestens seit diesem Zeitpunkt ist „Compliance“ im Bewusstsein aller Chief Financial Officer weltweit.

Wie steht es aktuell um die Accounting Compliance in Deutschland?

Werfen wir einen genaueren Blick auf die Umsetzung in Deutschland. Welche Maßnahmen werden typischerweise ergriffen, um die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften und internen Richtlinien zur Rechnungslegung dauerhaft sicherzustellen? Welche Herausforderungen bestehen dabei für bilanzierende Unternehmen? Wo gibt es Raum für Verbesserung? Pricewaterhouse Coopers (PwC) geht in seiner 2017 veröffentlichten Studie eben diesen Fragen nach. Für die Studie haben die Wirtschaftsprüfer über 100 in Deutschland ansässige Unternehmen aus verschiedenen Branchen befragt.

Accounting Compliance: Was in den meisten Unternehmen bereits umgesetzt wurde

Die Richtlinien für Bilanzierung und Konsolidierung sowie organisatorische Richtlinien im Rechnungswesen sind für die Mehrheit der Unternehmen zentrale Elemente, um Accounting Compliance sicherzustellen. Etwa ein Fünftel nutzt hier auch bereits zeitgemäße Verbreitungswege. Beispielhaft zu nennen sind hier Intranet-Wikis. Gar keine Bilanzierungsrichtlinien existieren in nur 14 Prozent der Unternehmen. Die Einhaltung der Richtlinien untersucht in den meisten Fällen die interne Revisionsabteilung. Öfter führt auch das Rechnungswesen selbst Stichproben durch.

Accounting Compliance: Unterschiede zwischen größeren und kleineren Unternehmen

Insbesondere größere Unternehmen setzen im Bereich der Accounting-Organisation gerne auf zentrale Bilanzierungsfachabteilungen. Das sind sogenannte Centres of Excellence (CoE). Laut Studie werden diese meist in folgenden Fällen eingebunden:

  • Wenn sich die zuständigen Mitarbeiter im Rechnungswesen mit der Bilanzierung eines Sachverhalts selbst nicht gut genug auskennen
  • Wenn Sachverhalte erstmalig auftreten
  • Wenn es sich um besonders große Transaktionsvolumen handelt

Im Centre of Excellence wird das Wissen über die komplexen Bilanzierungsregelungen gebündelt. Änderungen an Standards behält man hier im Blick. Zudem hilft das CoE, eine einheitliche Bilanzierung vergleichbarer Sachverhalte im gesamten Konzern sicherzustellen. Generell übernimmt das Konzernrechnungswesen zentral komplexe Themen – wie latente Steuern oder die Behandlung der Firmenwerte – in der Mehrzahl der Unternehmen.

Die Berechnung von Pensionsrückstellungen und Pensionszinsen hingegen werden am häufigsten auf externe Dienstleister ausgelagert. Laut PwC unterhalten knapp die Hälfte der Unternehmen mit einem Jahresumsatz über 500 Mio. Euro ein Shared Service Center (SSC). In diesem werden konzernweit die Massentransaktionen – vor allem der Debitoren-, Kreditoren- und Anlagenbuchhaltung – weitgehend automatisiert verarbeitet. Damit lassen sich zwei Dinge erreichen:

  • Steigerung der Effizienz
  • Reduktion von Fehlern

Das Leitbild als Kompass für Accounting Compliance

Neben den genannten konkreten Maßnahmen spielt auch die Unternehmenskultur und Haltung der Mitarbeiter zum Thema Compliance eine große Rolle. Ein Leitbild im Rechnungswesen, das bei Mitarbeitern Orientierung und Motivation stiftet, ist das Fundament jeder Accounting Compliance. „Qualität“ und „Effizienz“ der Abschlusserstellung bzw. der Berichterstattung werden als häufigste Ziele im Leitbild vorgestellt.

Accounting Compliance: Hier gibt es Nachholbedarf

Nachholbedarf sieht PwC beim Einsatz spezifischer IT-Systeme außerhalb der eigentlichen ERP- bzw. Konsolidierungssoftware – beispielsweise für die Bilanzierung von Finanzinstrumenten oder latenten Steuern oder für die Erstellung des Anhangs. Nur eine Minderheit der Unternehmen setzt bereits solche Systeme ein – und das, obwohl sie komplexe Vorgänge oft (teil-)automatisch verarbeiten und Fehlerquellen minimieren.

Checkliste: Wie viel Accounting Compliance steckt bereits in Ihrem Unternehmen?

Prüfen Sie dies doch mal anhand dieser Aspekte:

  • Klar strukturierte Zuständigkeiten im (Konzern-)Rechnungswesen
  • Bündelung von Bilanzierungskompetenz, z. B. im Center of Excellence
  • Automatisierung von Massentransaktionen im Shared Service Center
  • Sorgfältige Auswahl externer Dienstleister, z. B. für Pensionsgutachten
  • Regelmäßiger Austausch zwischen Rechnungswesen und anderen Fachbereichen
  • Interne Richtlinien und Überprüfung ihrer Einhaltung
  • Einsatz von IT-Lösungen für spezielle Sachverhalte
  • Aktuelles Wissen über Bilanzierung und Mitarbeiterschulung
  • Tone at the top und Leitbild speziell im Finanzbereich

Ausbaufähig ist nach Meinung der PwC-Experten auch der Informationsfluss zwischen Rechnungswesen und anderen Fachabteilungen. Ein Austausch findet in über 80 Prozent der befragten Unternehmen nur bedarfsweise statt. Das Risiko sind Inkonsistenzen. Die Wirtschaftsprüfer bemängeln beispielsweise, dass Annahmen für den Lagebericht und die Steuerplanung in manchen Fällen nicht aufeinander abgestimmt sind.

Vor dem Hintergrund häufiger Änderungen der Rechnungslegungsstandards merkt PwC kritisch an, dass in über einem Drittel der Unternehmen kein Konzept zur regelmäßigen Fortbildung der Mitarbeiter im Rechnungswesen existiert. Sich hier aus Kostengründen allein auf die Eigeninitiative der Mitarbeiter zu verlassen, ist riskant und kurzsichtig.

Accounting Compliance: Ein Fazit

Accounting Compliance steht immer im Spannungsfeld zwischen der Verfolgung unternehmerischer Ziele und der Einhaltung geltender Regeln. Es ist oberste Verantwortung der Unternehmensführung, ihren Untergebenen beides zu ermöglichen.
Das Bilanzierungswissen kann über Mitarbeiterschulungen, die Expertise von externen Dienstleistern und intelligente IT-Lösungen ins Unternehmen gebracht werden. Eine klare Regelung der Zuständigkeiten im Finanzbereich und die Bündelung von Kompetenzen schafft Transparenz über Entscheidungen. Interne Kontrollen sollten regelmäßig stattfinden.

So lassen sich potenzielle Fehlerquellen frühzeitig aufdecken und entschärfen. Durch eine professionelle Umsetzung solcher Compliance-Maßnahmen lassen sich häufig langfristig sogar Effizienzsteigerungen erzielen.

Denn wo Accounting Compliance nicht als störender Kostenfaktor, sondern als funktionaler Bestandteil nachhaltigen Wirtschaftens verstanden wird, kann das Risiko bewusster oder unbewusster Regelverstöße erfolgreich minimiert werden.

Die Softwarelösungen von LucaNet helfen Ihnen, sich den Herausforderungen von Accounting Compliance unkompliziert, umfassend und sicher zu stellen. Wenn Sie wissen wollen, wie wir auch Ihr Unternehmen konkret unterstützen können, wenden Sie sich über das Kontaktformular an unsere Experten. Wir helfen Ihnen gerne weiter.

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Zur Autorin von „Wie viel Accounting Compliance steckt in Ihrem Unternehmen?“
Alexandra Supper ist Knowledge Consultant der LucaNet AG. Von Alexandra Supper stammt auch ein Whitepaper mit dem Titel: International Accounting – Must-Know Differences Between IFRS and US GAAP. Dieses können Sie kostenlos anfordern.

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