Neues zum Sustainability Reporting

Prof. Dr. Christian Fink, ESG, | 5 min. Lesezeit

Politisch wie auch gesamtgesellschaftlich gewinnt eine Berichterstattung über sogenannte ESG-Aspekte (Environmental, Social, Governance) im Zuge der generellen Debatte rund um die Nachhaltigkeit von Unternehmen und Geschäftsmodellen stetig an Bedeutung. Auch die EU-Kommission beschäftigt sich seit einiger Zeit verstärkt mit der Bereitstellung aussagekräftiger und qualitativ hochwertiger Nachhaltigkeitsinformationen. 

Mit dem nunmehr vorliegenden Kompromisstext für eine Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) sollen die bisherigen nichtfinanziellen Angabepflichten zu einer umfassenden Nachhaltigkeitsberichterstattung weiterentwickelt und dadurch die Transparenz im Nachhaltigkeitsbereich erhöht werden. Es ist nicht davon auszugehen, dass sich die finale Richtlinie wesentlich vom vorliegenden Kompromisstext unterscheidet.

Politischer Kompromiss in den Trilog-Verhandlungen im Juni 2022 erzielt

Nach kontroversen Diskussionen zu verschiedensten Detailfragen bei der Ausgestaltung einer Nachhaltigkeitsberichterstattung haben die EU-Kommission, der Europäische Ministerrat und das Europäische Parlament am 21.06.2022 einen politischen Kompromiss hinsichtlich der Regelungen in der künftigen CSRD erzielt. 

Die Neuregelungen sollen v.a. die Regelungen der Bilanzrichtlinie 2013/34/EU abändern und eine Vielzahl von Unternehmen zur Erstellung einer umfangreichen Nachhaltigkeitsberichterstattung verpflichten.

Wer ist von der CSRD betroffen?

Mit dem nunmehr vorliegenden Kompromisstext wird der persönliche Anwendungsbereich der Nachhaltigkeitsberichterstattung massiv ausgeweitet. So fallen künftig folgende Unternehmen in den Anwendungsbereich der CSRD: 

  • Alle großen haftungsbeschränkten Unternehmen (d. h. Kapitalgesellschaften und haftungsbeschränkte Personenhandelsgesellschaften) in der EU
  • Alle großen Versicherungsunternehmen und Kreditinstitute in der EU (rechtsformunabhängig)
  • Alle kapitalmarktorientierten Unternehmen in der EU, mit Ausnahme von Mikro-Unternehmen
  • Drittstaatenunternehmen mit > 150 Mio. Euro Umsatz in der EU und mit Niederlassungen oder Tochterunternehmen in der EU

Als große Unternehmen sind dabei Unternehmen zu verstehen, die an zwei aufeinanderfolgenden Abschlussstichtagen mindestens zwei der drei folgenden Größenmerkmale überschreiten: 

  • Bilanzsumme von 20 Mio. EUR
  • Umsatzerlöse von 40 Mio. EUR in den 12 Monaten vor dem Abschlussstichtag
  • 250 Mitarbeiter im Jahresdurchschnitt.

Analoge Anpassungen gelten für die Berichterstattung auf Konzernebene, wobei v. a. im Konzernverbund aber auch bestimmte Befreiungsmöglichkeiten gelten. 

Das Deutsche Rechnungslegungs Standards Committee (DRSC) ging bereits mit Vorliegen der ersten Entwurfsfassung für die CSRD im April 2021 von einer knappen Verdreißigfachung der berichtspflichtigen Unternehmen von derzeit ca. 550 auf dann etwa 15.000 berichtspflichtige Unternehmen in Deutschland aus. Bezogen auf die gesamte EU sind geschätzt ca. 50.000 Unternehmen betroffen (bisher knapp 12.000 Unternehmen). 

Ab wann sind die neuen Vorgaben anzuwenden?

infografik erstanwendung csrd

Müssen KMUs dieselben Regelungen befolgen wie große Unternehmen?

Für KMUs sind verschiedene Vereinfachungen vorgesehen. So besteht zum einen eine sogenannte Opt-out-Regelung, wonach kapitalmarktorientierte KMUs für einen Übergangszeitraum von zwei Jahren die Möglichkeit haben, sich von den neuen Berichtspflichten zu befreien. Dazu müssen sie allerdings in ihrem Lagebericht eine kurze Erklärung dafür liefern, warum sie die Nachhaltigkeitsinformationen nicht vorgelegt haben. Zum anderen sehen die Regelungen der CSRD verminderte Angabepflichten für KMUs in verschiedenen Bereichen der Nachhaltigkeitsberichterstattung vor. 

Es ist jedoch davon auszugehen, dass aufgrund der allgemeinen Angabepflichten zu Wertschöpfungs- und Lieferketten die Berichtspflichten der CSRD auch auf nicht von der CSRD betroffene KMUs ausstrahlen werden, wenn berichtspflichtige Unternehmen die entsprechenden Daten von ihren Zulieferern etc. abfragen.

Wo ist über Nachhaltigkeit zu berichten?

Der Kompromisstext sieht eine zwingende Aufnahme des Nachhaltigkeitsberichts in den Lagebericht der Unternehmen vor. Dabei ist es jedoch ausgeschlossen, die Nachhaltigkeitsinformationen voll in den Lagebericht zu integrieren. Stattdessen hat die Nachhaltigkeitsberichterstattung in einem separaten Abschnitt innerhalb des Lageberichts zu erfolgen. 

In welchem Format wird der Nachhaltigkeitsbericht zugänglich gemacht?

Der Lagebericht der Unternehmen im Anwendungsbereich der CSRD ist in einem einheitlichen elektronischen Format gem. der ESEF-Verordnung (EU) 2019/815 zu erstellen. Entsprechend sind die Nachhaltigkeitsinformationen:

  • im XHTML-Format zu erstellen und
  • entsprechend einem noch zu entwickelnden digitalen Kategorisierungssystem (Taxonomie) zu etikettieren.

Die Taxonomie ergänzt die Entwicklung einer EU-weiten Plattform für Unternehmensinformationen (European Single Access Point) und fügt sich somit in die laufenden Aktivitäten der Kommission im Bereich der Digitalisierung ein.

Wie sieht der Inhalt des Nachhaltigkeitsberichts aus?

Ein Nachhaltigkeitsbericht nach CSRD-Vorgaben beinhaltet Informationen, die erforderlich sind, um einerseits die Auswirkungen der Tätigkeit des Unternehmens auf verschiedene Nachhaltigkeitsaspekte zu verstehen, andererseits aber auch den Einfluss dieser Nachhaltigkeitsaspekte auf die Entwicklung, Performance und Lage des Unternehmens nachzuvollziehen. Als Nachhaltigkeitsaspekte gelten die folgenden sechs Themenfelder: 

  1. Umweltbelange 
  2. Arbeitnehmerbelange 
  3. Sozialbelange 
  4. Achtung der Menschenrechte 
  5. Bekämpfung von Korruption und Bestechung 
  6. Corporate Governance-Faktoren

Darüber hinaus werden in der CSRD verschiedene Detailangaben gefordert, die jeweils auf diese Nachhaltigkeitsaspekte Bezug nehmen. Diese beinhalten diverse Einzelangaben zu u. a.:

  • Geschäftsmodell und Strategie,
  • nachhaltigkeitsbezogenen Zielen,
  • nachhaltigkeitsbezogenen Konzepten,
  • Anreizsystemen mit Nachhaltigkeitsbezug,
  • der Rolle der Unternehmensorgane i. Z. m. Nachhaltigkeitsaspekten,
  • umgesetzten nachhaltigkeitsbezogenen Sorgfaltspflichten,
  • negativen Auswirkungen eigener Aktivitäten und der Wertschöpfungskette,
  • Maßnahmen zur Verhinderung, Reduzierung oder Behebung negativer Auswirkungen und deren Erfolg,
  • nachhaltigkeitsbezogenen Risiken,
  • nachhaltigkeitsbezogenen Leistungsindikatoren.

Die Informationen mit Bezug zur Wertschöpfungskette können für einen Übergangszeitraum von drei Jahren ab Erstanwendung der CSRD unterlassen werden. Hierfür ist eine Erläuterung erforderlich, welche Anstrengungen das Unternehmen zur Datenbeschaffung unternommen hat und weshalb die Informationen nicht beschafft werden konnten. Zudem sind die Pläne des Unternehmens zu erläutern, wie die Informationen künftig beschafft werden sollen.

Wesentlichkeit von Informationen im Nachhaltigkeitsbericht

Die Wesentlichkeit von Nachhaltigkeitsinformationen ist nach dem Kompromisstext anhand der sogenannten doppelten Wesentlichkeit (double materiality) zu beurteilen. Danach sind nachhaltigkeitsbezogene Informationen immer dann anzugeben, wenn sie:

  • für das Verständnis des Geschäftsverlaufs, des Geschäftsergebnisses und der Lage des Unternehmens oder
  • der Auswirkungen der Unternehmenstätigkeit auf die oben genannten Nachhaltigkeitsaspekte benötigt werden.

Wie werden die Berichtsinhalte genauer konkretisiert?

Die European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG) ist mit der Ausarbeitung von Europäischen Berichtsstandards – den European Sustainability Reporting Standards (ESRS) – beauftragt und stellt diese der EU-Kommission als fachliche Empfehlungen zur Berichterstattung zur Verfügung. Nach einer Konsultation der Standardentwürfe werden diese von der Kommission als delegierte Rechtsakte verabschiedet und sind in der Folge für die Unternehmen im Anwendungsbereich der CSRD direkt verbindlich anzuwenden.

Ein erster Satz an allgemeinen ESRS zu den grundlegenden Berichtsbereichen und Nachhaltigkeitsaspekten ist bis zum 30.06.2023 zu verabschieden, ein zweiter Satz an ESRS zu u. a. sektorspezifischen Themen und für Drittstaatenunternehmen ist bis zum 30.06.2024 zu verabschieden.

Ist der Nachhaltigkeitsbericht künftig einer Prüfung zu unterziehen?

Der künftige Nachhaltigkeitsbericht ist einer inhaltlichen Prüfung zu unterziehen. Diese ist zunächst als Prüfung mit begrenzter Sicherheit (i. S. e. prüferischen Durchsicht) vorgesehen. Allerdings ist bereits die Erarbeitung europäischer Prüfungsstandards für eine Prüfung mit hinreichender Sicherheit (analog zur Prüfungstiefe des Lageberichts) vorgesehen. Diese Prüfungsstandards sollen bis Oktober 2028 entwickelt werden. Im Anschluss soll auch der Nachhaltigkeitsbericht mit hinreichender Sicherheit geprüft werden.

Zur inhaltlichen Prüfung der Berichterstattung ist ein Mitgliedstaatenwahlrecht vorgesehen, wonach eine Prüfung durch den Abschlussprüfer des Unternehmens, einen anderen Abschlussprüfer oder einem unabhängigen Erbringer von Bestätigungsleistungen durchgeführt werden kann.

Arbeitnehmerdialog

Die Unternehmensleitung soll die Arbeitnehmervertreter auf geeigneter Ebene informieren und die relevanten Informationen und die Mittel zur Beschaffung und Überprüfung von Nachhaltigkeitsinformationen mit ihnen zu erörtern. Ihre Einschätzung soll – wo dies geeignet erscheint – den zuständigen Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorganen des Unternehmens mitgeteilt werden.

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Was bedeuten die Änderungen für die Praxis bei der Erstellung von Nachhaltigkeitsberichten?

Mit den Neuregelungen zur Nachhaltigkeitsberichterstattung geht ein immenser Bedeutungsgewinn für diese neue Art der Berichterstattung einher.

Für die Anwendungspraxis ergeben sich hieraus jedoch eine Reihe von Herausforderungen, die vor allem aus den folgenden Faktoren resultieren:

  • Dem erweiterten Anwendungsbereich des ESG-Reportings
  • Der digitalen Zugänglichmachung des Nachhaltigkeitsberichts
  • Der inhaltlichen Neugestaltung und Ausweitung des Nachhaltigkeitsberichts (inkl. der zu berücksichtigenden ESRS)
  • Der externer Prüfungspflicht für den Nachhaltigkeitsbericht

Die CSRD-Vorgaben sind nach deren abschließender Verabschiedung von den Mitgliedstaaten der EU in einem vorgegebenen Zeitraum in nationales Recht umzusetzen. Dabei wird für die Praxis insbesondere von Interesse sein, wie der nationale Gesetzgeber Mitgliedstaatenwahlrechte ausübt und ob ggf. über den Richtlinienwortlaut hinausgehende Regelungen erlassen werden.

Den Unternehmen im Anwendungsbereich der CSRD bleibt zu raten, sich bereits frühzeitig mit den neuen Berichtserfordernissen auseinanderzusetzen und Vorbereitungen für die Implementierung der erforderlichen Prozesse zu treffen.

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