Nachhaltigkeitsberichte der Zukunft: Die geplante CSR-Richtlinie der EU für 2023

Prof. Dr. Christian Fink, ESG, | 4 min. Lesezeit

Eine dezidierte Berichterstattung über sog. ESG-Aspekte (Environmental, Social, Governance) gewinnt vor dem Hintergrund der gesamtgesellschaftlichen Debatte rund um Nachhaltigkeit für Unternehmen an Bedeutung. Entsprechend strebt auch die EU-Kommission aktuell eine Ausweitung der Bereitstellung aussagekräftiger und qualitativ hochwertiger Nachhaltigkeitsinformationen an. Die verfolgten Zielstellungen dabei sind:

  • einerseits nachhaltigkeitsbezogene Gefahren aufzuzeigen und das Vertrauen von Investoren und Verbrauchern in die Unternehmen zu stärken
  • andererseits die Bedeutung von Nachhaltigkeitsinformationen als Grundlage für die Verbindung von langfristiger Rentabilität mit sozialer Gerechtigkeit und Umweltschutz hervorzuheben.

Die Überarbeitung der CSR-Richtlinie 2014/95/EU

Vor diesem Hintergrund veröffentlichte die EU-Kommission am 21.04.2021 ihre Vorschläge zur Überarbeitung der CSR-Richtlinie 2014/95/EU.
Mit diesen Vorschlägen zielt die Kommission darauf ab, die bisherigen nichtfinanziellen Angabepflichten zu einer umfassenden Nachhaltigkeitsberichterstattung weiterzuentwickeln und dadurch die Transparenz im Nachhaltigkeitsbereich zu erhöhen. 

Zeitrahmen der neuen Richtlinienvorgaben

Die vorgeschlagenen Regelungen sollen erstmals für Geschäftsjahre anzuwenden sein, die ab dem 01.01.2023 beginnen. Darüber hinaus sollen nachhaltigkeitsbezogene Berichtspflichten für Geschäftsjahre, die ab dem 01.01.2026 beginnen, auch für kapitalmarktorientierte kleine und mittelgroße Unternehmen (KMUs) gelten.

Wer ist von der CSR-Richtlinie betroffen?

Mit den aktuell vorliegenden Vorschlägen plant die EU-Kommission, den Anwendungsbereich der Nachhaltigkeitsberichterstattung massiv auszuweiten v. a. auf 

  • alle großen haftungsbeschränkten Unternehmen sowie 
  • (rechtsformunabhängig) große Banken und Versicherungen. 

Analoge Anpassungen sind für die Berichterstattung auf Konzernebene vorgesehen, wobei v.a. im Konzernverbund auch bestimmte Befreiungsmöglichkeiten geplant sind. 
Dies dürfte zu einer knappen Verdreißigfachung des Anwendungsbereichs von derzeit ca. 550 auf dann etwa 15.000 berichtspflichtige Unternehmen in Deutschland führen. Im Kontext der EU sind dann geschätzt ca. 50.000 Unternehmen betroffen (von bisher knapp 12.000 Unternehmen).

„Insbesondere für die Neulinge im Bereich der Nachhaltigkeitsberichterstattung dürften die prozessualen wie auch ressour-cenbezogenen Herausforderungen nicht zu unterschätzen sein.“

Wo soll der Nachhaltigkeitsbericht verankert werden?

Mit den Überarbeitungsvorschlägen soll der Nachhaltigkeitsbericht künftig zwingend in den Lagebericht der Unternehmen aufgenommen werden. So soll die aktuelle Heterogenität bei der Bereitstellung nichtfinanzieller Daten begrenzt werden.

In welchem Format wird der Nachhaltigkeitsbericht zugänglich gemacht?

Die Kommissionsvorschläge sehen zudem eine Berichterstattung in einem einheitlichen elektronischen Format gem. ESEF-Verordnung (EU) 2019/815 für Abschluss und Lagebericht vor.
Entsprechend sind die Nachhaltigkeitsinformationen:

  • im XHTML-Format zu erstellen und
  • entsprechend einem noch zu entwickelnden digitalen Kategorisierungssystem (sog. Taxonomie) zu etikettieren.

Die Taxonomie soll die Entwicklung einer EU-weiten Plattform für Unternehmensinformationen (sog. European Single Access Point) ergänzen und sich in die bisherigen Arbeiten der Kommission zur Digitalisierung einfügen.

Wie sieht der Inhalt des Nachhaltigkeitsberichts aus?

Die in der aktuellen CSR-Richtlinie enthaltenen grundlegenden fünf Berichtsfelder bleiben bestehen. Diese sind:

  1. Umweltbelange
  2. Arbeitnehmerbelange
  3. Sozialbelange
  4. Achtung der Menschenrechte
  5. Bekämpfung von Korruption und Bestechung

Allerdings sollen diese stärker auf die Verankerung von Nachhaltigkeitsaspekten und -indikatoren in Strategie und Steuerungssystem des Unternehmens hin ausgerichtet werden. 
Dagegen wird mit Corporate-Governance-Faktoren ein neues, nicht explizit definiertes Berichtsfeld eröffnet. Es ist davon auszugehen, dass diese Berichtspflicht auf eine nachhaltige Unternehmensführung abstellt. 
Eher unerwartet schlägt die EU-Kommission darüber hinaus Angaben zum immateriellen Vermögen des Unternehmens vor. Diese schließen Informationen zum geistigen Eigentum, Human-, Sozial- und Beziehungskapital des Unternehmens ein. 

Das Wesentlichkeitsverständnis der Nachhaltigkeitsberichte

Die neue Nachhaltigkeitsberichterstattung folgt nach den Vorschlägen der EU-Kommission einer doppelten Wesentlichkeitsperspektive (Double Materiality).
Danach sollen nachhaltigkeitsbezogene Informationen künftig immer dann angegeben werden, wenn sie:

  • für das Verständnis des Geschäftsverlaufs, des Geschäftsergebnisses und der Lage des Unternehmens oder 
  • der Auswirkungen der Unternehmenstätigkeit auf die in der Richtlinie definierten Nachhaltigkeitsaspekte benötigt werden. 

Was plant die Kommission bezüglich der Prüfung des Nachhaltigkeitsberichts?

Die EU-Kommission sieht mit ihren Überarbeitungsvorschlägen erstmals auch eine verpflichtende inhaltliche Prüfung des Nachhaltigkeitsberichts durch den Abschlussprüfer oder einen anderen unabhängige Anbieter von Prüfungsleistungen vor. 

  1. Entsprechend soll für den Nachhaltigkeitsbericht künftig zunächst eine inhaltliche externe Prüfungspflicht mit begrenzter Sicherheit erfolgen. 
  2. Darüber hinaus behält sich die Kommission aber auch eine Prüfungspflicht mit hinreichender Sicherheit vor, die an die EU-rechtliche Übernahme internationaler Prüfungsstandards qua delegiertem Rechtsakt geknüpft ist. 

Was bedeuten die Änderungen für die Praxis bei der Erstellung von Nachhaltigkeitsberichten?

Die Umsetzung der aktuellen Kommissionsvorschläge würde zu einem immensen Bedeutungsgewinn für die Nachhaltigkeitsberichterstattung führen. 
In der Praxis werden sich für Unternehmen eine Reihe von Herausforderungen ergeben, die vor allem aus den folgenden Faktoren resultieren:

  • Dem erweiterten Anwendungsbereich des ESG-Reportings
  • Der digitalen Zugänglichmachung des Nachhaltigkeitsberichts
  • Der inhaltlichen Neugestaltung des Nachhaltigkeitsberichts
  • Der externer Prüfungspflicht für den Nachhaltigkeitsbericht

Daher bleibt zu hoffen, dass die EU-Kommission den verschiedenen kritischen Stimmen Gehör schenkt, die sich sowohl zur Ausgestaltung der Rahmenbedingungen für die Berichterstattung als auch zum Zeitplan zu Wort gemeldet haben.

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